Präqualifizierungsdaten für ein Hilfsmittel-Ökosystem



Konformitätsbwertung und Digitalisierungsgrad

Die Eignung der Leistungserbringer im Hilfsmittelbereich wird seit 2010 in einem sogenannten Präqualifizierungsverfahren geprüft. Der Digitalisierungsgrad geht gegen Null.
Für die Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln zahlen die gesetzlichen Krankenkassen jährlich mehr als 9 Mrd. Euro 1.
Die Anzahl der Leistungserbringer im Hilfsmittelbereich lag in 2019 bei 72.400 Unternehmen 2.
Das Prüfverfahren für jeden Leistungserbringer wird durch Präqualifizierungsstellen vorgenommen und erfolgt seit Jahren analog in Form von papiergeführter Dokumentation, Faxformularen und Excel Tabellen.
Die Präqualifizierung wird seit 2019 auf Antrag des Leistungserbringers von einer durch die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) akkreditierten Präqualifizierungsstelle durchgeführt.
Die Prüfung der Strukturqualität von Leistungserbringern erfolgt auf Grundlage einer technischen DIN Norm. Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes konkretisieren die im Gesetz allgemein beschriebenen Anforderungen an die technische und persönliche Eignung bzw. Leistungsfähigkeit der Leistungserbringer, d. h., es werden Eignungskriterien für einzelne Hilfsmittel bzw. Versorgungsbereiche festgelegt (Strukturqualität).
Es liegt seit Jahren ungenutztes Potenzial, Versorgungsszenarien der Hilfsmittelversorgung gezielt über eine digitale Plattform zu unterstützten.
Die zentrale Frage ist, welchen Beitrag eine digitale Plattform im Präqualifizierungsverfahren für Prozesse und Ergebnisqualität bei der Hilfsmittelversorgung leisten kann und was die Erfolgsfaktoren sind.

Notwendige Handlungsfelder

  • Daten strategisch verwalten.
  • Datengestützte Entscheidungen ermöglichen.
  • Aufbau integrierter Versorgungspfade.
  • Nutzung von Geo-Daten der Leistungserbringer.
  • Aufbau eines Datenmodells zur Qualitätskontrolle.
  • Digital unterstützte und integrierte Versorgungspfade bei digitalisierten Disease-Management-Programmen (dDMP) 3,4.

Präqualifizierung als Grundlage für das Hilfsmittel-Ökosystem

Ein wesentliches Defizit bei der Versorgung mit Hilfsmitteln ist seit Jahren die unzureichende Definition des Leistungsgeschehens, das Fehlen der einheitlichen Leistungsgestaltung sowie der Mangel an Prozessdefinitionen.

Die Datenbankplattform wird maßgeblich dazu beitragen, ein Ökosystem der beteiligten Akteure und die Prozesse zu einem größeren Ganzen zu verbinden.

Transaktionen im Präqualifizierungsverfahren liegen im Wesentlichen in den Bereichen Verwaltung, Konformität, Kommunikation, Geo-Daten und integrierte Versorgungspfade.

Die technische und prozessuale Integration einer Protaltechnologie für das Präqualifizierungsverfahren in die IT- und Arbeitsumgebung aller Stakeholder muss gewährleistet sein.


Zertifiziertes Konformitätsbewertungsprogramm

Der regulatorische Hintergrund rund um das heute praktizierte Präqualifizierungsverfahren für Hilfsmittelversorgungen in der gesetzlichen Krankenversicherung ist umfangreich und nicht leicht zu verstehen 5.
Das Konformitätsbewertungsprogramm ist die Gesamtheit der Anforderungen, Regeln und Verfahren, die zur Konformitätsbewertung eines Produkts, Verfahrens, einer Dienstleistung, eines Systems, einer Person oder Stelle verwendet werden, um ein Konformitätsbewertungsergebnis auf systematische und wissenschaftlich nachvollziehbare Weise zu treffen 6.
Für Präqualifizierungsstellen und Leistungserbringer gibt es kein veröffentlichtes, einheitliches Konformitätsbewertungssystem. Eine Prüfung, Evaluierung und Bewertung erfolgt auf Grundlage von Empfehlungen, FAQs und Schulungsunterlagen.
Mit den Empfehlungen des GKVSpitzenverbandes zum Hilfsmittel Präqualifizierungsverfahren sind die Betroffenen sehr weit von einer systematischen und wissenschaftlich nachvollziehbaren Bewertung entfernt.

Die Veränderung des Präqualifizierungsverfahrens wird nur durch die grundlegende Modifikation der Kernprozesse, ihrer Schnittstellen, der begleitenden Services und der Nutzung einer einheitlichen Datenbankstruktur erreicht.
Der Einsatz einer webbasierten Portal-Architektur für das Konformitätsbewertungsprogramm muss etabliert werden, um den Wandel von papiergeführter Dokumentation und analoger Kommunikation beim Präqualifizierungsverfahren herbeiführen.
Eine digitale Abbildung aller Dokumentations-, Kommunikations- und Prozessebenen wird das Präqualifizierungsverfahren nachhaltig verändern.
Das gesamte Konformitätsbewertungsprogramm muss datenbankgestützt sein.
Die erfassten Kriterien und Anforderungen werden nicht als Dateien, sondern als Informationsobjekte in einer Datenbank abgelegt.
Eine speziell für das Präqualifizierungsverfahren zu entwickelnde Anwendungsarchitektur muss eine Präsentations-, eine Logik- und eine Datenhaltungsschicht bieten, um eine kompetente, professionelle und effiziente Dienstleistung zu gewährleisten.
Erst dann wird Akkreditierung eine Brücke zwischen den Erfordernissen des Marktes und den Ansprüchen von Politik, Verwaltung und Gesellschaft bilden.
Es müssen anerkannte technische, syntaktische und semantische Standards eingesetzt werden, um eine durchgehende Interoperabilität mit anderen Digitalisierungsvorhaben zu gewährleisten (eGovernment, Handwerkskammer, GKV-Spitzenverband).
Zwischen den betroffenen Akteuren (GKV-Spitzenverband, Leistungserbringer, Präqualifizierungsstelle) sollen dadurch Wertschöpfungsnetzwerke geschaffen und die Komplexität des Präqualifizierungsverfahrens nachhaltig gemanagt werden.
Mit einem solchen Präqualifizierungsprogramm kann die Wettbewerbsfähigkeit der mittelständisch geprägten Kunden (Handwerk, Apotheke, Sanitätshaus) tiefgreifend gestärkt werden.
Zusätzlich müssen Data Governance-Richtlinien für eine Konformitätsbewertung und Eignungskriterien des GKV-Spitzenverbandes entwickelt werden.
Entsprechende Spezifikationen bzw. Datenmodelle helfen den Leistungserbringern dabei, Präqualifizierungsunterlagen einheitlich und vollständig bereitzustellen.
Der Aufbau von unternehmensübergreifenden standardisierten Datenmasken, Klassifikationssystemen und Übermittlung der Präqualifizierungsdaten gemäß § 126 Abs. 1a Satz 3 SGB V erleichtert den Datentransfer mit Dritten.
Digitale Prozesse müssen Dokumente und den analogen Dokumentenaustausch vollständig ablösen und eine transparente Darstellung des Erfüllungsaufwandes für Präqualifizierungsstellen und Leistungserbringer gewährleisten.
Ein Entscheidungsunterstützungssystem muss den GKV-Kriterienkatalog und Normanforderungen als digitales Modell abbilden.

1 Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek): Daten zum Gesundheitswesen, Berlin, 17.10.2022.
2 Statista Research Department: Anzahl ausgewählter Leistungserbringer im deutschen Gesundheitswesen in den Jahren 2017 bis 2021, 31.03.2022, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/322712/umfrage/anzahl-ausgewaehlter-leistungserbringer-imdeutschen-gesundheitswesen/, Internetzugriff 21.10.2022.
3 Bade T.: Comprehensive Outcome Assessment in a shared care model and Budget Impact Analysis of therapeutic appliances for patients with diabetic foot disease: 2013; Academia.edu, San Francisco, CA 94104.
4 Eckhard M., Lawall H., Lobmann R.: Diabetisches Fußsyndrom - Beeutung einer interprofessionellen transsektoralen Behandlung, Deutsche Diabetes Gesellschaft (Hrsg.), Deutscher Gesundheitsbericht - Diabetes 2023, ISSN 1614-824X, Mainz, 14.11.2022, 108-116.
5 Bade T.: Bürokratieabbau im Gesundheitswesen: Analyse zur Präqualifizierung von Leistungserbringern, ISBN 9783000747274, Februar 2023.
6 Gebührenverordnung der Akkreditierungsstelle, Akkreditierungsstellengebührenverordnung (AkkStelleGebV), § 2 (5), 19.8.2021.