Digitalisierungsstrategie.

Gesundheitswesen.

Gesundheitswesen und Digitalisierung

Das Bundesministerieum für Gesundheit will mit der im März 2023 angekündigten Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen und die Pflege die Handlungsspielräume für Therapieregime und integrierte Versorgungsmodelle erweitern1.

Um Gesetzesinitiativen und die Digitalisierungsstrategie in die Praxis umzusetzen, müssen vor allem einheitliche Kommunikationsstrukturen, Arbeitsplattformen und Kennzahlensysteme für alle Stakeholder vorliegen.

Die beeindruckenden Ergebnisse der generativen KI mögen den Anschein erwecken, dass es sich um eine sofort einsatzbereite Technologie handelt, aber das ist nicht der Fall.

Das EU Parlament hat im Juni 2023 Verhandlungspositionen zum Gesetz über künstliche Intelligenz (KI)2 veröffentlicht.

Die Vorschriften sollen dafür sorgen, dass in der EU entwickelte und eingesetzte KI in vollem Umfang den Rechten und Werten der Europäischen Union entspricht. Das umfasst, dass sie von Menschen beaufsichtigt wird, Anforderungen an Sicherheit, Datenschutz und Transparenz genügt, niemanden diskriminiert und weder Gesellschaft noch Umwelt schädigt.


1 GEMEINSAM DIGITAL: Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen und die Pflege, Bundesministerium für Gesundheit Abteilung 5; Digitalisierung und Innovation; Berlin, März 2023. 2 Europäisches Parlament 2019-2024: P9_TA(2023)0236, Gesetz über künstliche Intelligenz, Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 14. Juni 2023 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz (Gesetz über künstliche Intelligenz) und zur Änderung bestimmter Rechtsakte der Union (COM(2021)0206 – C9-0146/2021 – 2021/0106(COD), Brüssel, 14. Juni 2023.

Krankenhäuser nutzen unterschiedliche KIS Strukturen sowie Patientenportale.

Milliarden Textbestandteile für das Trainingsmaterial von ChatGPT-3.

Krankenkassen nutzen ab Juli 2023 die Telematikinfrastruktur (TI) der gematik.

Millionen aktive Nutzer von ChatGPT-3 im Monat (Stand Februar 2023).


Es fehlt an digitalisierten Prozessen und validen KI-Modellen.

Die neuen gesetzlichen Regelungen und Strategievorschläge werden einen Flickenteppich voneinander abgeschotteter Insellösungen schaffen, wenn nicht von Anfang an in integrierten und transsektoralen Prozessen gedacht wird.

Bisher beseitigen die gesetzlichen Regelungen das Grundproblem des deutschen Gesundheitswesens in Bezug auf die Digitalisierung nicht: den Zustand der IT-Infrastruktur innerhalb der Sektoren und Leistungserbringer sowie die Interaktion untereinander.

Die evidenzbasierte Leistungsfähigkeit von KI-Modellen hängt wesentlich von der Einbettung in die jeweiligen therapeutischen, sozialrechtlichen und regulatorischen Zusammenhänge der Gesundheitsversorgung ab.


Die Lösung.

Es muss ein durchgehender digitaler Informationsfluss zwischen Patienten, Leistungserbringern und Kostenträgern bundesweit erreicht werden.

Mit der Digitalisierung sollen keine neuen Aktivitäten generiert, vielmehr sollen das etablierte Prozessmanagement beschleunigt, redundante Aktivitäten abgebaut und heilkundliche Kompetenzen gestärkt werden.

Wissenschaftliche Erkenntnisse sind zu generieren, ob und in welchem Ausmaß Potenziale ausgeschöpft und durch digitale Innovationen eine Effizienzsteigerung und Kostenreduktion durch gutes Prozessmanagement erreicht werden.

Bei der Gestaltung des Designs von GPT-Modellen zur Entscheidungsunterstützung ist sicherzustellen, dass die Ergebnisdarstellung in einer Form geschieht, die Gefahren etwa von Automatismen (Automation Bias) transparent macht, ihnen entgegenwirkt und die die Notwendigkeit einer reflexiven Plausibilitätsprüfung der jeweils vom KI-System vorgeschlagenen Handlungsweise unterstreicht (Deutscher Ethikrat, 2023).

Datentreuhand im Hilfsmittelbereich

Es muss für das Präqualifizierungsverfahren ein bundesweit einheitliches Datentreuhandmodell1 entwickelt werden.

Dieses Modell sollte in Analogie zum geplanten § 7d SGB XI aufgebaut sein (bedarfsorientiertes Versorgungsmanagement durch ein Informationsportal zu Pflege- und Betreuungsangeboten) und zum Verzeichnisdienst (VZD) Hilfsmittelversorgung der gematik ausgebaut werden 2.

Datentreuhänder3 fungieren als neutraler Intermediär, die einen vertrauensvollen und fairen Ausgleich der Interessen der beteiligten Akteure – Datengeberinnen und -geber sowie Datennutzerinnen und -nutzer – ermöglichet.

Folgende Daten sollten im Treuhändermodell zur Verfügung gestellt werden:

      • Versorgungsbereiche der Präqualifizierung
      • Produktgruppen des Hilfsmittelverzeichniss
      • Anzahl der Leistungserbringer nach Regionen (Stadt, Land)
      • Erfüllungsaufwand je Scope
      • Scopes der Präqualifizierung
      • Qualitätsmanagement Systeme
      • Anzahl fachliche Leiter
      • Berufliche Qualifikationen
      • Gesellschaftsform
      • Barrierefreiheit, Barrierearmut
      • Versorgungsbereiche außerhalb der Präqualifizierung (z.B. Arzneimttel)

Regionale Geo-Daten der Präqualifizierung liefern wichtige Informationen, um in Gesundheitsregionen die Angebotsstruktur der Leistungserbringer zu ermitteln4.

Die Gesundheitswirtschaft kann mit diesen Daten strategische Entscheidungen treffen, Versorgungsprozesse optimieren oder neue Dienstleistungen entwickeln.

Mit der Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen will das Bundesministerium für Gesundheit digital unterstützte und integrierte Versorgungspfade bei digitalisierten Disease-Management-Programmen (dDMP) kurzfristig umsetzen.

Digital unterstützte und integrierte Versorgungspfade beim Disease-Management-Programm Diabetes müssen den Anfang machen 5,6.


1 Datentreuhand ist eine natürliche oder juristische Person oder eine Personengesellschaft, die den Zugang zu von Datentreugebern bereitgestellten oder bereitgehaltenen Daten nach vertraglich vereinbarten oder gesetzlich vorgegebenen Daten-Governance-Regelungen (auch) im Fremdinteresse mittelt. Vgl.: Specht-Riemenschneider L., Blankertz A.: Neue Modelle ermöglichen Regulierung für Datentreuhänder, GRÜNE ORDNUNGSPOLITIK Nr. 16, Berlin, Juli 2021.
2 Der Verzeichnisdienst (VZD) der gematik ist ein zentraler Dienst der Telematikinfrastruktur (TI). Der VZD ist das sichere Adressbuch der TI – quasi eine Art „Gelbe Seiten“. Er ist der zentrale Speicherort für Zertifikate und Basisdaten wie z.B. Adressdaten von Ärzten, Apothekern, Psychotherapeuten und Heilberuflern. Zudem werden die Fachdaten der verschiedenen Anwendungen der gematik über den VZD verwaltet. Die Datensätze werden stündlich aktualisiert. gematik GmbH, Berlin, März 2023.
3 Eine Datentreuhandstelle ist mit der Aufgabe betraut, einen standardisierten Zugang zu (anonymisierten) Daten für zugelassene Stellen zu entwickeln und umzusetzen. Außerdem würde diese Stelle beispielsweise Forschenden hinsichtlich rechtlicher Fragen Hilfestellungen geben. Vgl.: SACHVERSTÄNDIGENRAT zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR): Digitalisierung für Gesundheit Ziele und Rahmenbedingungen eines dynamisch lernenden Gesundheitssystems, Berlin, 2021, S. 332.
4 Vgl.: Müller B., Leiferman M., Wilke D., Gerlach F., Erler A.: Innovative Versorgungsmodelle in Deutschland – Erfolgsfaktoren, Barrieren und Übertragbarkeit, Versorgungsforschung, Volume 115, P56-62, Oktober 2016.
5 Bade T.: Comprehensive Outcome Assessment in a shared care model and Budget Impact Analysis of therapeutic appliances for patients with diabetic foot disease: 2013; Academia.edu, San Francisco, CA 94104.
6 Eckhard M., Lawall H., Lobmann R.: Diabetisches Fußsyndrom - Bedeutung einer interprofessionellen transsektoralen Behandlung, Deutsche Diabetes Gesellschaft (Hrsg.), Deutscher Gesundheitsbericht - Diabetes 2023, ISSN 1614-824X, Mainz, 14.11.2022, 108-116.